Ob im Freundeskreis, auf der Arbeit oder in hitzigen Online-Diskussionen – die Redewendung „Das kannst du halten wie ein Dachdecker“ taucht immer wieder im deutschen Sprachgebrauch auf. Sie klingt salopp, ein wenig rustikal – und wirft für viele dennoch eine Frage auf: Was genau bedeutet diese Redensart eigentlich, und woher stammt sie? In diesem Artikel beleuchten wir die Herkunft, die Bedeutung und die Verwendung dieser umgangssprachlichen Wendung.
Bedeutung der Redensart
Es handelt sich um eine umgangssprachliche Wendung, mit der jemand seinem Gegenüber freistellt, wie er etwas umsetzt oder beurteilt – meist ohne Wertung, oft jedoch mit einem leicht flapsigen Unterton.
Typischerweise wird die Redensart in Situationen verwendet, in denen man keine feste Meinung oder keinen bestimmten Vorschlag durchsetzen möchte – oder wenn es einem schlichtweg egal ist, wie der andere handelt. Der Ausdruck kann dabei sowohl neutral als auch ironisch oder spöttisch gemeint sein – je nach Tonfall und Kontext.
Herkunft und Geschichte
Die genaue Herkunft der Redewendung „Das kannst du halten wie ein Dachdecker“ ist sprachwissenschaftlich nicht eindeutig belegbar – doch es gibt plausible Theorien, die ihren Ursprung im Handwerk des Dachdeckers verorten.
Im traditionellen Dachdeckerhandwerk war und ist Eigenverantwortung besonders wichtig. Ein Dachdecker arbeitet oft in luftiger Höhe, fernab von unmittelbarer Aufsicht. Er muss selbst entscheiden, wie er vorgeht – solange das Ergebnis stimmt und das Dach am Ende dicht ist. Ob er den Ziegel von links oder rechts auflegt, das Werkzeug so oder anders hält – das bleibt häufig seiner eigenen Entscheidung überlassen. Genau diese Handlungsfreiheit könnte zur Entstehung der Redensart geführt haben.
Die Redewendung ist vermutlich schon seit dem 20. Jahrhundert in der gesprochenen Alltagssprache verbreitet. Schriftliche Nachweise in Wörterbüchern oder Redensarten-Sammlungen sind jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentiert – ein Zeichen dafür, dass es sich ursprünglich um eine rein mündlich überlieferte Formulierung handelte.
Sprachhistoriker sehen darin ein Beispiel für die vielen berufsspezifischen Redewendungen, die im Laufe der Zeit in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen sind. Gerade Berufe wie Dachdecker, Schmied oder Bäcker waren lange Zeit prägend für regionale und volkstümliche Ausdrücke.
Warum gerade „Dachdecker“?
Die Wahl des Berufsbildes „Dachdecker“ in dieser Redensart ist kein Zufall – sie trägt symbolische und praktische Bedeutung zugleich. Denn Dachdecker gelten als selbstständige, handlungsstarke Handwerker, die auf dem Dach in großer Höhe arbeiten – oft allein oder im kleinen Team, ohne direkte Aufsicht. Entscheidungen müssen schnell, pragmatisch und eigenverantwortlich getroffen werden. Wer etwas „halten kann wie ein Dachdecker“, der hat freie Hand in der Ausführung – so wie ein Dachdecker auf dem Dach.
Fazit
Die Redewendung „Das kannst du halten wie ein Dachdecker“ ist ein fester Bestandteil der deutschen Umgangssprache – bildhaft, pointiert und zugleich alltagstauglich. Sie steht für Entscheidungsfreiheit und wird meist dann verwendet, wenn jemandem offen gelassen wird, wie er eine Sache angehen möchte.
Die Verwendung spielt auf Eigenverantwortung, Pragmatismus und individuelle Lösungswege an – Eigenschaften, die mit dem Dachdeckerberuf traditionell verbunden werden.
Auch heute ist die Wendung noch lebendig und vielseitig einsetzbar – ob freundlich, ironisch oder salopp. Sie zeigt, wie Sprache durch Berufsrealität, Humor und Volksmund geformt wird – und wie ein einfacher Satz eine ganze Haltung zum Ausdruck bringen kann.